Logbuch-Eintrag: Kernel-Panic im Kopf

Der Cursor blinkt. Und sonst passiert nix. Draußen kreischen die Möwen, der Wind pfeift – ganz normales Wetter hier an der Küst. Aber hier drinnen, vor den Monitoren, die eigentlich meine Welt sind, herrscht eine Stille, die lauter ist als jeder Serverlüfter. De Tasse Kaffee neben mir is schon seit Stunden kalt, und ich scroll nochmal durch Slack, ohne wat zu schreiben. Kein Bock auf ’nen Emoji, kein Bock auf ’nen Status-Update. Nix. Das hier sollte ein Post über Linux werden stattdessen starrt mich dieses leere Dokument an. Und ich starre zurück auf den leeren Logbuch-Eintrag.

Dat gifft so Tage, da fühlt sich der Kopf an wie ein System mit einem fiesen, tief sitzenden Bug. Ist kein klarer 404-Error, wo de genau weißt, wat fehlt. Es ist eher eine stille Kernel-Panic in der Seele. Alles läuft noch, die Basisfunktionen sind da – aufstehen, Kaffee kochen. Aber die CPU-Last für diese simplen Prozesse ist bei 99 Prozent. Für alles andere? Ach, egal.

Und dann sitzt du da, in deinem Homeoffice, vor drei Monitoren, und trotzdem fühlst du dich wie auf ’ner einsamen Insel. De Standup-Meetings auf Zoom – du nickst, du machst ‚Hmm‚, aber innerlich biste offline. Du sagst ‚Ich brauch noch’n Tag für den Task‘, aber eigentlich brauchst du’n Tag, um überhaupt den Kopf hochzukriegen. Und wehe, du musst mal ’ne Präsentation halten oder ’nen Blogpost schreiben – dat is, als würdste versuchen, ’nen Docker-Container ohne Image zu starten.

Einfach nix da. Der syslog des Gehirns ist voll, aber nur mit nutzlosem Rauschen.

In unserer Bubble wird doch immer so getan, als wär alles ’ne Frage von Optimierung.

Mehr Kaffee, mehr Crunch, mehr Output. Auf LinkedIn erzählen dir die ganzen Überflieger wat von „Hustle Culture“. Direkt daneben dann der Alibi-Post zur „Mental Health“, meistens mit’n Link zu so’ner Meditations-App. Purer Tüdelkram. Aber wenn du mal sagst, ‚Moin, ich kann heut nich, mein Kopf spinnt‘, dann gucken sie dich an, als hättest du ’nen Syntaxfehler in der ersten Zeile. Depressionen? Dat passt nich in die Agile-Methodik. Dat wird unter den Teppich gekehrt, wie ’n alter Bugreport, den keiner bearbeiten will.

Und die ganzen Projekte? Herrgott nochmal.

Mein Arbeitsplatz sieht aus wie’n Schippskarkhoff für Elektronik. Überall halb fertige Projekte, die mal wat Großes werden sollten. Die Festplatte ist voll mit git clone-Wracks. Jedes angefangene Projekt ist wie’n offenes Ticket, dat dich anstarrt und leise sagt: „Na? Kriegst auch nicht fertig, wat?“ Gestern hat die Katze mehr Commits geschafft als ich, nur weil sie über die Tastatur gelaufen ist. Die Freude am Tüfteln, am Machen – de geiht eenfach över Bord. Und dann gehst du auf X oder in ’nen Discord-Channel, siehst die anderen mit ihren fancy Projekten und denkst: ‚Wat mach ich eigentlich?‘ Du likest, du kommentierst, aber innerlich ziehst du dich zurück, wie ’n Server, der in den Wartungsmodus fährt. Kein Mensch sieht, dass du grad nur auf Sparflamme läufst.

Dat is dat Perfide daran. Es ist nicht einfach nur Traurigkeit. Es ist das Fehlen von allem. ’ne Leere, so grau und trostlos wie die Standard-UI von’ner SAP-Anwendung. Als hätte wer chmod 000 /dev/gefuehl ausgeführt. Du hast zwar Root-Rechte, aber kannst keinen Befehl mehr geben.

Ich hab hier keine Wunderkur für euch, Freunde.

Manchmal ist der größte Erfolg am Tag, dat du es geschafft hast, zu duschen. Manchmal ist das Deployen von’ner Mahlzeit schon’n Sieg. Gestern kam ne Nachricht von nem Kollegen, nur ’n GIF. Kein Task, keine Frage. Dat war gut. Manchmal denk ich, dat beste, wat ich tun kann, is einfach weitermachen, auch wenn’s nur kleine Schritte sind.

’N Commit hier, ’n Satz da. Und wenn ich mal nix schaff, dann is dat auch ok. Hauptsache, der Rechner bleibt an.

Vielleicht ist dat hier einfach nur’n Bug-Report für die Seele. Ticket geöffnet. Priorität: Hoch. Bearbeiter: Unbekannt. Aber vielleicht gibt es ja noch’n paar andere Admins da draußen, die dat hier lesen und mit dem Kopf nicken. Und die wissen, dat sie mit dieser fiesen Kernel Panic im Kopf nicht allein sind.

Also denn. Hoolt de Ohren stief.

Und denkt dran: Ji sünd nich alleen dor buten op dat Datenmeer. De Kapitän is bei euch, wir sitzen alle im selben, verbuggten Boot.

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